Wenn die Affenbande am Freitag zum zweiten Playoff-Viertelfinale den Vizemeister aus Lüneburg empfängt, wird Libero Oliver Morath sein letztes Spiel für die FT 1844 Freiburg machen. Im Interview blickt der 33-jährige Arzt auf seine lange Karriere im Dschungel zurück.
Am Freitag endet Deine lange Karriere bei der FT 1844 Freiburg. Die ersten Schritte hier hast Du in der Oberliga gemacht, nun endest Du als Erstliga-Spieler. Was waren Deine Highlights?
Es ist schwierig so eine lange Zeit in wenige Sätze zu packen. Letztendlich gab es unglaublich viele schöne Momente. Es war und ist immer noch toll die Reise, die dieser Verein gegangen ist, begleiten zu dürfen, das zu machen, was einem Spaß macht und dabei viele tolle Menschen und Freunde kennenzulernen.
Was waren Lowlights?
Auch die gehören dazu. Die Saison 18/19, bei der wir mit viel Pech formal sportlich abgestiegen sind, gehört sicher dazu. Das war sportlich für mich persönlich auch ein schwieriges Jahr. Aber eben diese Abschnitte gehören zum Leistungssport genauso dazu und rückblickend kann ich sagen, dass auch diese Momente – wenn auch in der Saison viel unangenehm war- wertvoll sein können. Am Ende regen solche Phasen noch mehr zum Reflektieren an, ich konnte viel für mich daraus mitnehmen.
Was waren die größten Veränderungen, die Du in 15 Jahren FT mitgemacht hast?
15 Jahre klingt erst einmal furchtbar lang! Die Veränderungen sind riesig, angefangen vor ca. 200-400 (wenn‘s denn gut gelaufen ist) Zuschauern in der Burdahalle, an jedem Spieltag die Pflanzen in die Halle tragen, Spieltagsflyer schwarz-weiß kopieren und falten, 3x/Woche kicken zum Aufwärmen und dann die schrittweise Entwicklung zu großen Heimspielevents mit dem besten Publikum, einem unglaublich professionellen Umfeld (mit 2 AthletiktrainerInnen, Physios, Arzt, Sportpsychologen usw.) und immer steigendem Training sowie dem kontinuierlichen Ausbau der Arbeit an der Teamkultur. Die Liste ist lang.
Wie bewertest Du speziell die vergangenen Jahre?
Es ist wahnsinnig schön zu sehen, dass eine Vision umgesetzt werden kann, wenn alle an einem Strang ziehen. Ich bin froh, dass der Verein den Mut hatte diesen Schritt zu machen und in allem bisher bestätigt worden ist. Auch wenn viele Steine in den Weg gelegt worden sind, man häufig von außen belächelt wurde, ist man seinem Weg treu geblieben und dass sich das am Ende auszahlt, ist großartig und eine Belohnung für die Arbeit, die hereingesteckt wurde.
2019 musste der Verein nach dem sportlichen Abstieg eine Wildcard beantragen, du hast es angesprochen. Nimm uns noch einmal mit. Wie war das damals?
Das war für mich und für das Team eine schwierige Saison, die komplett anders gelaufen ist, als wir erwartet hatten. Ich weiß noch, als Flo Schneider nach der Saison eine Nachricht an die Spieler über die Pläne einer Wildcard geschickt hat, war ich gerade mit Marcus Gensitz und David Strobel im Auto auf dem Weg zu Toni Baehrs Hochzeit in Hamburg. So richtig einordnen konnte man zu dem Zeitpunkt das Wildcard-Vorhaben nicht, die Hochzeit aber war dann trotzdem hervorragend mit vielen ehemaligen Spielerkollegen.
Keine vier Jahre später habt Ihr 2023 die Vizemeisterschaft gefeiert und mit 22 Siegen in Folge im Jahr zuvor für Furore gesorgt.
An die Phase erinnere ich mich gerne zurück, so eine Serie hatte ich bisher noch nicht erlebt. Angefangen mit dem Auftaktspiel in Rottenburg, eigentlich ein sehr wackliger Start mit viel Unsicherheit und keinem guten Spiel von uns. Vom Spielverlauf ein Spiel, das man normalerweise nicht gewinnen darf. Trotzdem haben wir 3:2 gewonnen und danach ging es los. Wir waren danach auf einer Erfolgswelle und sind mit einer unglaublichen Selbstverständlichkeit und Selbstvertrauen in die Spiele gegangen. Trotzdem war die Stimmung im Training weiterhin unglaublich fokussiert, alle wollten weiterkommen und an sich arbeiten. Da hat schon sehr viel zusammengepasst und wir haben gemerkt, dass es funktionieren kann.
2023 habt Ihr dann tatsächlich die Vizemeisterschaft geholt und habt das Aufstiegsrecht wahrgenommen.
Eine erfolgreiche Saison wird belohnt. Das letzte Auswärtsspiel in Mimmenhausen mit so vielen Fans aus Freiburg, die gemeinsame Rückfahrt im Bus und die Party. Das fasst viel zusammen. Auch die Vorbereitung für die erste 1.Liga-Saison war spannend, Vorbereitungen hatte ich ja schon zu Hauf gemacht. Jetzt war aber noch einmal eine ganz andere Stimmung in der Halle und in der Stadt zu spüren. Deutlich mehr mediale Aufmerksamkeit, alles wurde noch einmal größer.
Dein Examen liegt mittlerweile auch schon ein halbes Jahrzehnt zurückl. Dennoch bist Du all die Entwicklungsschritte der vergangenen Jahre mitgegangen. Warum hast Du trotz Doppelbelastung als Arzt so lange noch Leistungssport betrieben?
Gute Fragen, ab und an es ist es schon zeitlich herausfordernd gewesen, alles unter einen Hut zu bringen, 100%-Stelle als Arzt und mehr oder weniger Vollzeit-Volleyball. Am Ende ist und bleibt der Sport eine große Leidenschaft und ich empfand es als Geschenk, das so lange fortführen zu dürfen. Ich habe früh gemerkt, dass sich hier etwas entwickeln kann, das wollte ich miterleben und gestalten. Für mich ist es nicht selbstverständlich, dass sowas möglich ist und dass dies u. a. auch von Seiten des Vereins möglich gemacht wurde. Auch wenn es zeitweise sehr zeitaufwendig war und die Tage teilweise für Monate nur aus Klinik, Halle und Schlaf bestanden, habe ich unterm Strich mehr rausbekommen, als investieren zu müssen. Die Begegnungen, Erinnerungen und Freunde, die ich kennenlernen durfte, bleiben.
Warum hängst Du nun aber die Schuhe an den Nagel?
Irgendwann muss es auch mal gut sein. Meine beruflichen Anforderungen und Vorhaben werden nicht weniger und auf der anderen Seite entwickelt sich die FT immer weiter zu einem vollprofessionellen Team. Ich habe viel erleben dürfen, war Teil von dem Ganzen und konnte die Teamkultur mitprägen, jetzt dürfen andere weitermachen.
Lass uns noch einmal richtig schwelgen. Welche Momente sind hängen geblieben?
Die Heimspiele waren eigentlich immer ein Fest. Natürlich gibt es besondere Spiele wie das erste Mal DVV-Pokal gegen die United Volleys, das Abschiedsspiel von Wolfgang Beck in der Burdahalle, der erste Sieg in der 1. Liga oder auch die Spektakel gegen Düren, Giesen und Friedrichshafen diese Saison. Aber es sind nicht nur die Heimspielmomente, sondern auch die Auswärtsfahrten, die im Kopf bleiben: Wir sind im Corona-Jahr dreimal nach Bliesen gefahren, um am Ende gegen einen Absteiger 0:3 zu verlieren. 2016 haben wir mit mit Wolle Beck, Jakob Schönhagen und mir im Annahmeriegel gewonnen, im Derby fünf Jahre später sind unsere Fans hüpfend durch die Tribüne in Karlsruhe gekracht sind, in einem meiner ersten Jahre hat bei Mitspieler Dennis Wachonski das Auto gebrannt. Die Eindrücke sind unzählbar.
Abschließend: Wo siehst Du die FT in fünf Jahren?
Im Halbfinale der Champions League gegen Perugia (oder Modena – beides wäre schön). Ich hoffe, dass die FT sich treu bleiben kann und den Weg weitergeht. Wenn man es schafft, sich in der 1. Liga zu festigen und eine Entwicklung wie Giesen oder Lüneburg nehmen kann, wäre das ein großer Erfolg und das sollte letztendlich auch das Ziel sein. Ich werde es mir gerne anschauen.