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Der taumelnde Riese vom See

Der VfB Friedrichshafen war lange das Nonplusultra des deutschen Volleyballs. Auch heuer hat der Vizemeister ein Spitzenteam zusammengekauft – doch nach dem überraschenden Aus im Pokal-Viertelfinale gegen den TSV Unterhaching herrscht bei den Häflern dicke Luft. Kann die Affenbande das nutzen?

Manchmal haben Sprichwörter schon ihre Berechtigung. Im Falle des Bonmots vom angeschlagenen Boxer, die dem Volksmund nach die gefährlichsten sind, könnten das die Erstliga-Volleyballer der FT 1844 Freiburg am Sonnabend zu spüren bekommen. Denn der kommende Gastgeber der Affenbande macht gerade schwierige Zeiten durch. 

Lange Jahre war der VfB der unangefochtene Primus des deutschen Volleyballs. Unter Trainer-Koryphäe Stelian Moculescu gewannen die Häfler alles, was es zu gewinnen gab. Die Blau-Weißen kamen mitunter medaillen-behangener als ein Lametta-Christbaum daher. Ende der 2000er gelang mit dem Gewinn der Champions League sogar der ganz große Wurf. Moculescu und sein VfB machten Volleyball hierzulande damit überhaupt erst salonfähig. 

Besonders eindrucksvoll waren damals zwei Dinge: Moculescus schneller Spielstil mit großem Fokus auf einen effektiven Schnellangriff. Und die Messearena, für die die Friedrichshafener in ganz Volleyball-Europa beneidet wurden. 

Auf diese beiden Leitplanken müssen die Häfler nun aber bereits seit einigen Jahren verzichten. Die Arena ist aufgrund von Einsturzgefahr seit mehreren Jahren gesperrt. Deshalb schmettern die Friedrichshafener seither in einem Flugzeug-Hangar, wanderten sogar kurzzeitig ins Exil nach Ulm ab, und können aufgrund zu geringer Zuschauerkapazitäten keine Champions League mehr spielen. Der bisherige Höhepunkt des Verlustes des Branchenführer-Status: Seit letzter Saison ist Berlin der Rekordmeister. Die BR Volleys sind seither alleiniger Spitzenreiter.

Auch auf dem Trainerposten gab es seit Moculescus Demission einige Wechsel. Vital Heynen, Michael Warm, zuletzt Mark Lebedew und seit neuestem der Pole Adam Swaczyna. So trennscharf wie einst unter Moculescu ist der VfB nicht mehr.

Vor zwei Wochen dann der doppelte Nackenschlag. Innerhalb einer Woche flog das Swaczyna-Team aus dem CEV-Cup und dem DVV-Pokal – gegen Zagreb und Haching. Danach ließen sich die Verantwortlichen mit markigen Worten zitieren. Und die Profis reagierten mit einem besonders beeindruckenden 3:0-Erfolg – erneut gegen Haching.

„Sie werden sich sicherlich nicht noch einen Ausrutscher erlauben“, sagt deshalb Florian Schneider, der Manager und Macher der FT 1844 Freiburg. Überhaupt und trotz aller Querelen: Friedrichshafen ist wie vergangenes Jahr gut in die Saison gestartet, wurde beim Liga-Cup direkt Zweiter und steht auch in der Liga aktuell sehr gut da. 

Mit Jose Masso und Michal Superlak stehen zwei Superstars in den Reihen der Häfler. „Das ist eines der deutschen Spitzenteams. Und dazu sind sie besonders heimstark“, zeigt sich 1844-Manager Florian Schneider sehr beeindruckt vom Vizemeister, der zu Hause in der Liga bis dato ungeschlagen ist. „Um da auch nur irgendwie zu bestehen, müssen wir voll da sein“, weiß Schneider. 

Die am Wochenende wieder mit großer Zahl vertretene Fan-Vertretung der Dschungelbande hofft daher, dass ihre Affenbande in VfB-Hangar an die Kante kommt. Vielleicht fällt er dann ja doch – der taumelden Riese vom See. 

(Foto: Achim Keller)

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