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Abschied von Oliver Hein

Nach fast anderthalb Jahrzehnten bei der FT 1844 Freiburg hängt Diagonalangreifer Oliver Hein zum Saisonende die Volleyball-Treter an den Nagel. Der Zweimetermann hinterlässt menschlich wie sportlich eine kaum zu schließende Lücke. Über einen, der stets voranging.

Ehrfurcht hat bei der FT 1844 Freiburg einen Namen: Ochse. So nennen sie an der Schwarzwaldstraße seit fast einem Jahrzehnt ihren Hauptangreifer Oliver Hein. Das ist nicht despektierlich gemeint, sondern vielmehr Ausdruck des Respekts, den sich der Zweimeter-Diagonalmann in den vergangenen Jahren erarbeitet hat.

Denn bei 1844 konnte man den begnadeten Angreifer und Blocker in den vergangenen 15 Jahren einfach nicht übersehen: Der Hüne war immer enthusiastisch aufopferungsvoll, ansteckend laut, immerzu gewinngierig, niemals unnachgiebig. Und nie um einen Spruch verlegen.

„Er ist in all den Jahren bei uns stets derjenige gewesen, der vorangegangen ist, hat immer den Kopf hingehalten, auch in den schweren Zeiten, und an den Erfolgen war er ganz entscheidend beteiligt“, sagt 1844-Manager Florian Schneider.

Oliver Hein war das Gesicht der Freiburger Mannschaft, die vergangenes Jahr als Vizemeister erstmals seit vier Jahrzehnten den Aufstieg ins deutsche Volleyball-Oberhaus geschafft und den Einzug ins Viertelfinale gemeistert hat. „Er ist unsere zentrale Identifikationsfigur gewesen“, lobt 1844-Macher Schneider. „Er steht für unseren dualen Weg, eine Spitzenausbildung in Volleyball und Beruf zu verbinden“, ergänzt Trainer Jakob Schönhagen.

Dieser Weg geht kommenden Samstag zu Ende. Beim letzten Heimspiel der Saison der Affenbande gegen den GCDW Herrsching wird Hein seine letzte Volleyball-Partie auf professioneller Ebene absolvieren. Damit endet eine fünfzehnjährige Karriere, die den gebürtigen Gundelfinger vom TV Denzlingen bis in die Jugendnationalmannschaft, in das Volleyball-Internat Friedrichshafen, schließlich zurück zur FT 1844 Freiburg und diese Saison nun sogar in die Belletage des deutschen Volleyballs geführt hat.

„Wenn ich mich zurückerinnere, kann ich nicht einfach einzelne Highlights herausstellen“, sagt Hein, „für mich ist die Entwicklung der letzten Jahre das eigentliche Highlight.“ Damit spricht er den Verantwortlichen an der Schwarzwaldstraße aus der Seele. Bei 1844 geht es nicht um den schnellen Erfolg, sondern um nachhaltige Entwicklungsschritte. Hein hat sie in den vergangenen Jahren geprägt

Hein dachte stets prozessorientiert, hat immer eine beispiellose Hartnäckigkeit und Führungsenergie bewiesen und dabei gleichzeitig erst einen hervorragenden dualen Bachelor in Finanzwissenschaften und zuletzt Anfang des Jahres sein Jura-Examen absolviert – mit herausragenden Noten. Seine Vielseitigkeit wurde nun für 1844 zur Achillesferse.

Denn auch wenn Hein bis zuletzt lange mit dem Gedanken gespielt hatte, weiter auf Erstliga-Volleyball zusetzen, hat er sich nun dazu entschieden, dieses Frühjahr in sein Referendariat zu starten. Damit endet seine professionelle Karriere. Mit gerade einmal 27 Jahren. Der Preis der Vielseitigkeit – bei Hein schmerzt er ganz besonders.

Zumal er gerade in der aktuellen Saison noch einmal unterstrich, zu welch beachtlichen Leistungssprüngen er fähig war. Denn eigentlich war Hein als zweiter Diagonaler eingeplant gewesen. Doch dann flatterte beim ersten Diagonalmann Randy Dewesee kurz vor Saisonbeginn ein Jobangebot ins Postfach, das dieser nicht ausschlagen konnte. Und plötzlich war Hein der Hauptangreifer.

Hein löste die Aufgabe mit Bravour, schmetterte regelmäßig im hochprozentigen Bereich und sorgte für eine gelungene Premierensaison der Affenbande im Oberhaus. „Das zeichnet ihn seitjeher aus: Dass er an Aufgaben wächst und sie meistert“, sagt Trainer Schönhagen.

Heins Geschichte bei 1844 ist in diesem Sinne eine der außergewöhnlichen Entwicklungsschritte. Mit 12 Jahren schlug Hein erstmals für die FT auf. Er qualifizierte sich mit 1844-Jugendteams für unzählige deutsche Meisterschaften. Mit dem heutigen Nationalspieler Sven Winter gewann er im Beachvolleyball sogar den deutschen Meistertitel. Bis in die Jugendnationalmannschaft schmetterte sich der sprunggewaltige Hauptangreifer im Schwarzwald. Und wechselte deshalb 2013 nach Friedrichshafen.

Seit Hein 2016 aus dem Internat Friedrichshafen zurück nach Freiburg gezogen ist, gehörte er zu den Leistungsträgern der Affenbande. Und erledigte dabei auch ungeliebte Aufgaben. Als das Team ihn auf der Mitteposition brauchte, füllte er die Position begeisternd aus, und wurde zu einem der besten Angreifer der Liga.

„Lowlights waren natürlich die Verletzungen und die Diagnose, dass ich eigentlich aufhören muss mit Volleyball“, erinnert sich Hein, dem nach einer Ellenbogenverletzung vor fünf Jahren das Karriereende prognostiziert wurde. Doch im Angesicht der Niederlage war Hein immer am stärksten.

Eigentlich als Backupkraft eingeplant, spielte er sich in der Saison 2021/22 ins Stammteam und führte 1844 am Ende auf einen dritten Platz. Er war damit einer der Hauptgründe dafür, dass die Affenbande sich nach Jahren der Findungsschwierigkeiten zu einem Spitzenteam in der 2. Bundesliga entwickelte. Als Hauptangreifer drückte der dem Spiel der Freiburger dann auch im Jahr der Vizemeisterschaft den Stempel auf. Und auch an der herausragenden Serie von 22 gewonnen Ligasiegen in Folge war Hein 2022 entscheidend beteiligt.

„Gerade wegen Spielern wie Oli sind wir aufgestiegen“, sagen Schneider und Schönhagen unisono. Dass der gemeinsame Weg mit Hein nun zu Ende geht, schmerzt sie bei 1844 ungemein. „Aber auch das gehört dazu, wenn man auf duale Wege setzt“, sagt Schneider. In jedem Fall hat sich Hein bei der FT Freiburg mehr als einen Namen gemacht. Von ihrem „Ochse“ werden sie sich an der Schwarzwaldstraße noch jahrelang erzählen.

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